Interview mit Saskia Ludwig

Interview zur Bundestagswahl 2021

Das In­ter­view mit der Bun­des­tags­abgeordneten Dr. Saskia Ludwig (CDU) hat Lars Ei­chert (Haus & Grund Bran­den­burg) ge­führt.

Lars EichertEichert: Die Politik hat das Thema Wohnen als eines der wichtigen Themen ausgemacht. Insbesondere die Kosten des Wohnens sind in der Diskussion ein zentrales Thema. Kappungsgrenze, Mietpreisbremse und Mietendeckel sind die Stichworte hierzu. Wie stehen Sie und Ihre Partei zu Mietpreiseingriffen?

Dr. Saskia LudwigLudwig: Grundsätzlich funktioniert der Wohnungsmarkt und bedarf keiner Eingriffe. Lediglich in größeren Städten führt deren Attraktivität bezüglich Kultur und Jobanageboten zu einer das Angebot übersteigenden Nachfrage nach Wohnraum. Einige wenige Vermieter nutzen diese Situation aus. Die Debatte um den verfassungswidrigen rot-rot-grünen Berliner Mietendeckel macht deutlich, dass ideologiegetriebene Wohnungspolitik nicht hilfreich ist. Gleichzeitig dürfen wir aber auch nicht tatenlos zusehen. Was in der öffentlichen Debatte oft übersehen wird, ist das die Mietpreisbremse einen zweiten Teil beinhaltet, nämlich die Verpflichtung der Kommunen Wohnraum auszubauen. Dies wurde leider in den letzten Jahren vernachlässigt. Dies gilt auch und gerade für Potsdam. Der Mietspiegel als temporäres, soziales Ausgleichsinstrument zwischen Mieter und Vermieter, hat hier durchaus seine Berechtigung. Einen bundesweiten Mietendeckel brauchen wir aber nicht.

Eichert: Anders als große Gesellschaften oder Konzerne können private Kleinvermieter Mindereinnahmen oder gar Verluste nur schwer kompensieren. Was halten Sie davon, die privaten Kleinvermieter bei den Mietpreiseingriffen auszunehmen?

Ludwig: Es ist richtig, dass das Vermieten einer Wohnung mit Risiken verbunden ist. Wenn Mieter nicht zahlen, haben vor allem die Kleinvermieter mit ein bis zwei Wohnungen ein Problem. Die entstehenden Kosten z.B. für eine Räumungsklage, bei gleichzeitigen über mehrere Monate anhaltenden Mietausfällen, können dann nicht anderweitig kompensiert werden. Da sind die großen Wohnungsunternehmen mit einer eigenen Rechtsabteilung klar im Vorteil. Dadurch unterscheidet sich im Übrigen auch die Art der Mietverhältnisse. Wer nur eine Wohnung vermietet, hat ein Interesse daran den Mieter langfristig in seiner Wohnung zu halten und bleiben daher oft unter der ortsüblichen Miete. Daher stellt sich schon die Frage, ob es für Kleinvermieter andere Regeln geben sollte.

Eichert: Die Landesregierung Brandenburg hatte für die Verlängerung bzw. Erneuerung der Kappungsgrenze und Mietpreisbremse Gutachten beauftragt. Ausweislich dieser Gutachten haben diese Instrumente keine oder höchstens marginale Auswirkungen auf die Entwicklung der Miethöhen, weil die Vermieter der Bestandswohnungen von sich aus bei den Mieterhöhungen noch unter diesen gesetzlichen Erhöhungsmöglichkeiten geblieben sind. Können Kappungsgrenze und Mietpreisbremse dann nicht im Grunde abgeschafft werden?

Ludwig: Ja, da ist etwas dran. Die Mietpreisbremse wirkt ja gerade nicht dort, wo der Wohnungsmarkt besonders schwierig ist – wie in Potsdam und Berlin.

Eichert: Vermieter, die Wohnungen zu einer Miete deutlich unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete vermieten, wird vom Finanzamt die Geltungmachung von Werbungskosten verwehrt. Müssten diese nicht im Grunde dafür belohnt werden, dass sie günstigen Wohnraum anbieten?

Ludwig: Es ist sinnvoll, dass der Werbungskostenabzug nur in dem Maß gewährt wird, wie zu versteuernde Einnahmen erzielt werden. Aber es ist auch richtig, darüber nachzudenken, welche Modelle günstiges Vermieten ermöglichen können. Im Moment ist es so, dass Eigentümer, die deutlich unter der ortsüblichen Miete bleiben, bestraft werden. Dabei wird auf politischer Ebene gerade versucht die Mieten nicht so schnell steigen zu lassen.  Statt zu bestrafen, fände ich es sinnvoller einmal zu diskutieren, wie Anreize geschaffen werden können, Wohnungen günstiger auf dem Mietmarkt anbieten zu können. Damit wäre auch den Mietern geholfen.

Eichert: Die Humboldt Universität hat vor kurzem eine Untersuchung veröffentlicht, die beispielsweise auch zum Potsdamer Wohnungsmarkt die klare Aussage machte, dass die Kaltmieten nicht das Problem seien, denn die Mieten seien weniger stark gestiegen als die Einkommen. Ist das Angebot an Wohnraum damit nicht vielmehr das Problem statt der Miethöhen?

Ludwig: Das stimmt. In Potsdam sind die Angebotsmieten im Zeitraum von 2014 bis 2019 um 22,35 % gestiegen. Viel schlimmer ist aber, dass sich zu diesen höheren Mieten kaum Wohnungen finden lassen. In Potsdam wurden im vergangenen Jahr nur 897 neue Wohnungen errichtet oder saniert, das entspricht einem Rückgang von 45,1 % innerhalb eines Jahres! Dieser Einbruch ist aus meiner Sicht dramatisch, denn Potsdam hat ohnehin eine sehr niedrige Leerstandsquote. Das heißt, der Wohnungsmarkt kann sich nur entspannen, wenn mehr gebaut wird.

Eichert: Im Umfeld von Berlin und Potsdam gibt es eine große Nachfrage nach Wohnungen, aber wenig Angebote. Wie wollen Sie den Neubau von Wohnungen forcieren?

Ludwig: Möglichkeiten gibt es viele, man muss sie nur politisch wollen. Dem Land Brandenburg gehören nach wie vor Flächen, die für den Wohnungsbau genutzt und ohne weiteres bebaut werden können. Schnellere und vereinfachte Planungs- und Genehmigungsverfahren könnten mittelfristig zu einer Entlastung am Wohnungsmarkt beitragen. Gemeinsam mit dem Land Berlin könnten die Flächen entlang der Stadtgrenze entwickelt werden. Darüber hinaus sind die Herausforderungen, vor denen die Innenstädte aufgrund der veränderten Altersstruktur in Zukunft stehen werden, noch nicht angemessen berücksichtigt worden. Die Förderung von Mehrgenerationenhäusern und barrierefreien Wohnungen, könnten nicht nur zu einer Entlastung am Wohnungsmarkt beitragen, sondern kann ein Baustein für eine neue, zeitgemäße Stadtentwicklungspolitik werden. Bundesweit sollen bis 2025 mehr als 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen. Als Investitionsanreiz ist geplant die derzeit befristeten Abschreibungsmöglichkeiten beim Mietwohnungsbau verlängern. Bei alldem sollte nicht vergessen werden, dass neu erschlossene Gebiete auch vernünftige ÖPNV-Anbindungen und eine moderne Grundversorgung benötigen.

Eichert: Ein Problem für Neubau ist mangelndes Bauland. Ist das Baulandmobilisierungsgesetz in Ihren Augen der richtige Weg, um dies Problem anzugehen? Wo und wie müsste das Gesetz gegebenenfalls verbessert werden?

Ludwig: Die Mobilisierung von zusätzlichem Bauland ist wichtig, um dem Mangel an Wohnraum entgegenzuwirken. Insbesondere in den Städten, gibt es Potenzial durch die Nachverdichtung, Aufstockung von Gebäuden, die Überbauung von Parkplätzen und Supermärkten und die Brachflächenentwicklung relativ kurzfristig Wohnraum zu schaffen. Ein Vorschlag ist deshalb, die Brachlandentwicklung im Rahmen der Städtebauförderung verstärken und die Nachverdichtung fördern. Geprüft werden soll auch, Grundbesitzer, die landwirtschaftliche Flächen für Bauland zur Verfügung stellen, die dabei erzielten Einnahmen steuerbegünstigt in den Mietwohnungsbau reinvestieren können. Städte und Ballungsräume sollen damit entlastet werden.
Das kürzlich in Kraft getretene Baulandmobilisierungsgesetz hat eine Reihe von sinnvollen Maßnahmen beschlossen, um die Bodenpolitik im Hinblick auf die bestehenden Herausforderungen anzupassen. Dabei werden den Kommunen unterschiedliche Instrumente an die Hand gegeben, mit denen es für Kommunen einfacher geworden ist, Bauland auszuweisen und auch innerörtliche Flächen zu mobilisieren.

Eichert: Würden Sie eine Pflicht zur Baulandschaffung für Kommunen und ein Verbandsklagerecht zur Durchsetzung der kommunalen Planungspflicht befürworten?

Ludwig: Ich bin mir nicht sicher, ob das Verbandsklagerecht hier das richtige Mittel ist. Dennoch sprechen Sie ein wichtiges Problem an, nämlich wie planungsunwillige Kommunen dazu bewegt werden können mehr Bauland auszuweisen.

Eichert: Die Ursachen für die hohen Kosten von Neubauten und damit den höheren Neubaumieten sind teures Bauland, die ständig steigenden Anforderungen an Neubauten sowie die stark angestiegenen Baupreise. Wie würden Sie die Kosten für den Neubau reduzieren?

Ludwig: Die CDU setzt sich dafür ein, dass sich auch Menschen mit normalen Einkommen und insbesondere Familien, Wohneigentum leisten können. Die meisten Menschen wollen lieber in den eigenen vier Wänden, statt in einer Mietwohnung leben. Deshalb möchten wir das KfW-Wohneigentumsprogramm für Familien ausweiten. Wer Kinder hat, soll stärker davon profitieren. Dazu sollten Darlehen, Tilgungszuschüsse oder Zinsverbilligungen nach Anzahl der Kinder gestaffelt werden. Den Ländern soll ermöglicht werden, einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer beim erstmaligen Erwerb selbstgenutzten Wohnraums von 250.000 Euro pro Erwachsenen plus 100.000 Euro pro Kind zu gewähren.

Eichert: Der Traum vom Eigenheim ist weit verbreitet. Nun sind verschiedentlich Forderungen aufgestellt worden keine Einfamilienhäuser mehr zuzulassen. Diese wurde mit Klimazielen und der höheren Ausnutzung von Bauland durch Geschosswohnungsbau begründet. Was halten Sie von solchen Forderungen und der Begründung dafür?

Ludwig: Von der Verbotspolitik der Grünen halte ich nichts. Der Bau von Einfamilienhäusern muss auch in Zukunft möglich sein. Ich verstehe es nicht als meine Aufgabe Menschen in ihrer Lebensweise zu bevormunden. Aufgabe des Staates ist es doch, die richtigen Voraussetzungen zu schaffen damit der Traum vom Eigenheim Wirklichkeit werden kann und nicht dieses zu verhindern.

Eichert: Klimaschutz ist eine wichtige Aufgabe, hat aber in den letzten Jahren bereits deutlich mit zum Anstieg der Wohnkosten beigetragen. Wie stehen Sie dazu, energetische Modernisierungen aus CO2-Einnahmen zu fördern?

Ludwig: Die energetische Sanierung unseres Gebäudebestands ist notwendig, um die Klimaziele zu erreichen. Hierbei handelt es sich allerdings um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht allein den Eigentümern aufgebürdet werden kann. Den Vorschlag, die CO2-Einnahmen mit dem Ziel zu nutzen den gesamten Wohnungsbestand energetisch zu sanieren, sollte vor diesem Hintergrund ernsthaft diskutiert werden. Die CDU möchte unabhängig davon die steuerliche Förderung der energetischen Sanierung, insbesondere von Betriebsgebäuden und von vermieteten Wohnungen, weiter verbessern und die bestehenden KfW-Programme attraktiver gestalten und auch schrittweises Sanieren besser fördern.

Eichert: Im oder auf dem Haus erzeugter Ökostrom den Mietern in Rechnung zu stellen ist vom Gesetzgeber nicht gerade einfach ausgestaltet. Was halten Sie davon dies radikal zu vereinfachen und dem Vermieter die Abrechnung von Solarstrom unbürokratisch über die Betriebskostenabrechnung zu ermöglichen?

Ludwig: An dieser Stelle gibt es sicherlich Nachbesserungsbedarf.

Eichert: Lebendige Innenstädte haben eine große Bedeutung für die Attraktivität und Lebensqualität von Städten. Die Entwicklungen der Coronapandemie haben den Innenstädten zusätzliche Probleme bereitet. Wäre der Erlass von Grund- und Gewerbesteuer für Innenstadtlagen, die besonders vom Attraktivitäts- und Funktionsverlust betroffen sind, für Sie ein Instrument, um für Eigentümern einen Anreiz für Investition in ihre Immobilie und damit der Wiederbelebung der Innenstädte zu schaffen? Welche anderen Anreize würden Sie zusätzlich oder stattdessen schaffen wollen?

Ludwig: Viele Innenstädte sind stehen aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie vor großen Herausforderungen. Insbesondere der stationäre Einzelhandel hat wurde stark getroffen. Hier gilt es nun zügig zu handeln, um ein Ladensterben zu verhindern. Es ist klar, dass wir die Innenstädte mit ihren vielen Einzelhändlern unterstützen müssen. Die Bundesregierung hat deshalb zum Beispiel zusätzliche 225 Millionen Euro bereitgestellt, um nachhaltige Strategien und Konzepte für Innenstädte und lebendige Zentren zu entwickeln. Dazu gehört unter anderem die Zwischen- und Umnutzung von leerstehenden Gebäuden, wie auch die Neugestaltung von Freiflächen und die Ansiedlung neuer Angebote im Stadtgebiet.

Eichert: Was halten Sie von einem Aufstocken der Städtebauförderung auf mindestens 1,5 Milliarden Euro und einer Stärkung der Programme „Lebendige Zentren“ und „Wachstum und nachhaltige Erneuerung?“

Ludwig: Die Städtebauförderung ist ein wichtiger Bestandteil, um Städte langfristig lebendig und attraktiv zu halten. Die Coronapandemie hat sich ja nicht nur auf den innerstädtischen Einzelhandel ausgewirkt sondern vielfach die gesamte Atmosphäre des gesamten Viertels verändert.

Eichert: Wie stehen Sie zu einem Förderbonus für Städte und Gemeinden, die in Fördergebieten verstärkt Projekte mit kleinteiliger Eigentümerstruktur durchführen oder das Ziel haben eine kleinteilige Eigentümerstruktur in diesen Gebieten zu schaffen?

Ludwig: Die kleinteiligen Altstadtviertel sind bei den Menschen sehr beliebt und macht oft den besonderen Charakter eines Stadtgebiets aus. Deshalb zieht es ja viele Menschen genau dorthin. Deshalb sollten Städte und Gemeinden, die auf den Erhalt oder die Schaffung solcher Viertel setzen auch entsprechend gefördert werden.

links

Interview mit der Bundestagsabgeordneten Dr. Saskia Ludwig (CDU) zu Themen mit Bedeutung rund um privates Eigentum

klein